Bezichtigungsarie: Hildegardis

aus: Runwalt, Richtersamen

                                                                  „Man wendet sich zur Vergangenheit zurück –
                                                                  und schon springt sie einen an.“ Jaques Prévert   

An
Reichsfachschaft Dolmetscherwesen Nürnberg
30. Oktober 1939
Ihren Brief vom 18. 10. 39 habe ich erhalten und teile Ihnen nun mit, daß ich von der Reise zurück und wieder unter obiger Adresse zu erreichen bin.
Die Beträge habe ich überwiesen, auch die RM 20.- für die 2. Prüfung.
Das polizeiliche Führungszeugnis hatte ich nicht beigefügt, weil ich aus meiner Parteitätigkeit weiß, dass im allgemeinen für Parteigenossen ein solches nie erforderlich ist. Ich habe es aber jetzt beantragt.
Heil Hitler!
Rechtanwaltstochter Hildegardis, 27jährig


Hildegardis, unter den Weibern NaAzigebendeierte,
MiTTläuferin des GRÖFAZ,
geFÄLLIGE KriegsbrautT,
IM VOLKSGEIST REISEberichtende,
Dolle-metsche-matsche-metsche-matsche-hinter-hinter-unter-unterführung, 
ENDE aus dem Feld Gewarn-TE,
Fachfrau of the Besatzers,
Übersätzerin und Decolleteete,
sonta-lische Besch[tzerin der versch'mten Offiyierswitwen,
vERHEIM-LICHERIN einer ersten Ehe,
22fache GründungsHeylige selbstst'ndigener Klubbbbbs,
Unterscheidungsträgerin von Inter-frendschipp und Zonta-liki
taillierte Abgrenzdame des unteren und des Oberen Clubs,
x ubsilu + tussilu 2 = ?    
Zonta-likika der Kriechischen Kuturwiege,
geschnürte Weltkongresssssssssssspräsidentin,
Galaparadonna
,

Es gibt viele Clubs, deren Netze die Welt umspannen. Bekannt sind der Rotary Club, dessen rotarische Idee in Chicago entstand, der Lions Club, der aus Illinois kommt, oder der Zonta Club, der ebenfalls in den USA gegründet wurde und 33 000 Zontians zählt. Menschen rotten sich aus vielerlei Gründen in Clubs zusammen, aber es gibt auch sich radikal Absondernde wie einsame Denker, Eremiten usw. Der Adler fliegt allein, heißt es.

...sontasontasonta täterä! Zum Carnaval im gallischen Katarakt begrüßen wir alle Klubjäcken, alle Möwen und anderen Tiere, alle Sontaliesen und Sontalorenen…

schaumgekrönte ewige Blondheit,
eh//renhafte, -inte//gere und -vertr//au//enswürdige Proforma
Sioux-bemantelte GESellschaftsdame,
Schuttpatrone der Lorepfarr,

Wiesenblumenaltar zwecklos
Langzeitbewohnerin des Landesdirrektors des RechtES,
Verheratete mit dem GESETZ in personam,
Verdächtigerin alles Staatsfeinde des LinkES,
dolle Metsche mit Außenrolle gegen 68 Feinde der verla:ngerten Staatstragung,
hinterlinkse und hinternrechte PhantasSchreiberin über CohnbandITTE,
aufgemotzte Finsterhändlerin des Inneren und des Aäußeren,

ich konnte dich nicht ab
SPEAKERcornaille mit certiffiKAKAT,
sich selbst versendende Villfliege in Länder non-zontalischer Religionen,
Globetrotterin mit legendärem Seinschein,
offen-he r z ige Annimariteuse mit FOTTOgenität bei Clubgrundung,

Fotografien habe ich mir angesehen
in Farbe Gebrannte,
Sontagsrednerin zur Zontagsfrage,
bronzemedaillierte
Überdame,
Vorhut der hori-zonta-lischen Fluuuuuuuuut,
Eingeweihte in die Delictesse frührichterlicher Samenverschleuderung,
Mitverheimlicherin des keimenden Richtersamens,
Ratgeberin des prAKTISCH~~ ~und JurISTISCH §  ausgesaat Habenden,

…Es war an einem Buß-und Bettag. Die herangewachsene Saat einer Maiennacht war zusammen mit ihrem Herrn Gemahl zu einem Kalbfleischessen gebeten worden. Man saß gemeinsam um den großen Lore-Tisch, griff zierlich nach Servietten, dem Bestecke und dem Glase und tauschte Nettigkeiten aus, die gleichsam waren wie das zarte Kalbfleisch in dem bleichen Sößchen und gar nicht wie der knallharte Teller darunter, der sich langsam leerte...

…Es war an ein einem Buß- und Bettag. Hildegardis und der Herr Direktor saßen am großen Lore-Tisch zusammen mit der Tochter des Gastgebers, seinem inkarniertem Malheur aus Kriegszeiten, und mit deren Gatten, einer beruflich viel versprechenden Partie, die man zu schätzen wusste. Die Einladung kam einer Auszeichnung gleich, denn zuvor hatte es für die Uneheliche dergleichen in diesem Hause nicht gegeben. Man hatte sich früher mit dem Hauptbahnhof beholfen. Die Uneheliche war nun hochschwanger - nach dem Aussprechen der Einladung hatte der Herr Direktor dies erst erfahren müssen – und es erinnerte ihn ein klein wenig an den Lauf der Dinge in der Vergangenheit…

…Es war an einem Buß- und Bettag. Man hatte freundlichst zum Mittagessen gebeten, hatte eigens für diesen Tag der Köchin und Putzfrau frei gegeben, und dann lehnte die kleine Sau  es einfach ab, beim Spülen zu helfen, wo doch mein Mann sich schon die Schürze umgebunden hatte. Ich habe dies nie vergessen können und musste mich darüber in einem Brief an eine Anverwandte im fernen Hongkong echauffieren - natürlich lange nach dem Tode unseres lieben Erblassers dort. So sehr hat mich ihr Benehmen aufgeregt. Man wird sofort verstanden haben, warum wir uns dieses ungezogenen Wesens schämten und es darum niemals - noch nicht einmal in Erbschaftsangelegenheiten - erwähnen konnten. Manche Menschen sollten besser nicht existent sein, und wenn sie dann auch noch dabei sind, sich zu vermehren, ist das nicht der Rede wert. Ich habe auch mitteilen müssen, dass mein liebes, verstorbenes Erhartchen die Kleine unsympathisch fand, und dass unser Familienschandfleck die Freundin des Revoluzzers und Cohnbanditen war, wenn auch die Verlogene dies bestreiten wird… 

…Es war an einem Buß- und Bettag, hin und zurück fuhren wir 400 km, aber alles war nur Krampf und Scheiß. Wir sollten beim Spülen helfen und danach auf zwei Sofas ein Mittagsschläfchen halten, denn es hieß, dass nach dem Mittagessen Mittagsschlafenszeit wäre. Weil mich das nervte und ich meinte, im pseudo-familiären Muff ersticken zu müssen - wir waren ja einander fremd – wollte ich nur noch raus an die Luft und erbot mich, mit meinem Mann etwas Kuchen für den Nachmittagskaffee zu besorgen; denn Hildegardis hatte nicht vorgesorgt. Vielleicht hatte sie sich vorgestellt, dass wir unmittelbar nach dem Mittagessen wieder verschwänden. Mein Mann und ich warteten dann länger im Wintergarten eines Ausfluglokals auf das Ende der Mittagsschlafzeit; denn allzu lange laufen konnte ich nicht mit meinem dicken Bauch.  

Expertin des Niederdrückverfahrens,
parfümierte Treibhausfrau weitab --------------- von wilden Erdbeeren,
intrigante Hintenrechts-rum-zurmitte-seitlichrechts imKreise,
Spitzenkraft der VerHEIMlichungsbehörde,
alimentierte Richtergattin weit entfernt von alimentiertem Gespensterkind

im Sinne der kommunizierenden Röhre: was an der einen gespart wird, kommt der anderen zugute; die eine geht ins Schwimmbad, die andere steht davor, mangels Eintrittsgeld
Entscheidungsträgererin im Alimentationsunternehmen
aufgeblondete Scheinblyte,
MitverheimlicHERIN des Todes des Großvaters,
elende Ausgrenzerin,
das Kind auf Großvaterbriefe    +      +     +     warten Lassende,
das Band zwischen ihm und seinem Enkelkind Missachtende,
KINDESWIDERFAHRERIN,
GROßVATERBESCHLAGNAHMUNGSTANTE,
sich mit seinem Status Schmückende,
Freischenkerin von abgelegter Kleidung und Ausverkaufs-BLUESchen an Samenkind,

throughout the district: französische Besatzungszone, n'est-ce pas?
schamlose Geizheilerin im Modistinnenkostüm,
Exponente der FEINKost GesellschafftT
Karitattativa der Sontazone,

...Hildegardis stieg die Hierarchie bis zur Governor in einem europaweiten District empor, gründete viele Clubs in Deutschland, Österreich, Indien, Bangladesch, Pakistan, Sri Lanka und Griechenland. Außerhalb Deutschlands handelte sie vorwiegend als Sonderbeauftragte von Zontag International.

...Als Hildegardis einmal von einer Clubschwester gefragt worden sei, wie sie die vielen Clubgründungen denn nur bewerkstelliget habe, soll sie geantwortet haben: „Ach Kindchen, ich bin einfach hingefahren.“

Mitbesucherin im Kindererholungsheim Anderlahn

...in Bath Nassau, Recreation Home „Lahnberg“ (gedolmetscht) erstes Zusammentreffen mit Hildegardis, die ihren Ehemann begleitete. Der Vater sah dort zum ersten Mal nach zehn Jahren seine Tochter wieder. „Lahnberg“ war ein sehr freundliches Heim, in das bedürftige Kinder von unterschiedlichen Institutionen kostenlos in Ferien verschickt wurden. Aus Hildegardis’ Haushalt konnten selbstverständlich keine Ferienaufenthalte finanziert werden, da man mit den medienwirksamen Auftritten der Clubpräsidentin schon genug tat. In Englisch oder Deutsch pflegte sie über hohe ethische Maßstäbe zu sprechen, über den Dienst am Menschen, über Freundschaft und gegenseitiges Verständnis...

…Als nichtstaatliche Organisation kann der internationale Club mit konsultativem Status beim Europarat und bei den UN seine Ziele wirksam vertreten. Bei den UN besteht konsultativer Status u. a. für UNICEF und das WeltKinderhilfswerk...

zur Loreleia Mitchauffierte,
IM WAGEN Monroe-Pantöffelchen Tragende,
aufgedrehte Akustika im Ausflugslokal,
hell AUFlachende beim Anblick eines schwangerdicken Bauches,
feinnndste der durchdringenden Feinndsden,
als Krebs mit Löööööwegatten sich Au tenDE,
sich zur Horroskooplehrerin einer 13jährigen AufschwingenDE,
Wassermann-Kind und Skorpiomutter kritisch AnnalisierenDE,

der Krebs ist besser  
Heraufbeschwörerin eines Gespenstes durch Verbergen.  
Schafferin eines LoreDRAMAS,

 … Die bislang Alimentierte hatte nun Abitur gemacht und wollte klären, wie es finanziell weiter gehen sollte…
Im Jugendstilbau nahm sie den Paternoster, fuhr nach oben und klingelte. Eine alte Dame, Hildegardis' Mutter, öffnete die Korridortüre und wünschte auf die Frage nach dem Hausherrn zu wissen, mit wem genau sie es zu tun hätte...

…Die Person wurde von mir zum Warten auf den Balkon geführt. Ihr schmales Blümchenkleid war mir sofort  fehlfarben erschienen. Von ganz hinten sah ich, wie sie immer wieder vom Balkonstuhl aufstand und wie ein Tiger im engen Käfig hin- und hertrat und sich an die Metallbrüstung lehnte. Ich hatte aber genug mit mir zu tun und ließ sie alleine, bis endlich meine Tochter kam. Ich hörte dann…

…Die Penetrante hatte hier unangemeldet überhaupt nichts zu suchen, gar nichts. Hatte sich die Telefonnummer ihres Vaters von mir erzwingen wollen. War sogar zuvor am hiesigen Gericht, um ihn zu treffen, man muss sich das vorstellen! Ein Glück, das wir ihr verheimlicht hatten, dass Erhartchen schon lange an ein höheres Gericht aufgestiegen war und in die nächste Stadt pendelte. Wie sie da vor mir stand, und frech sagte: „Hildegardis, Du weißt doch seine Nummer! Und wenn Du sie nicht weißt, dann rufe doch bitte die Auskunft an, das Gericht kennst Du ja wohl!“ Geheult habe ich, so fertig war ich. Auch wegen meiner armen Mutter, die doch niemals etwas von dem vorehelichen Kavaliersdelikt meines Mannes erfahren sollte! Leise unter uns: dem Bastard gehört ein Tritt in den Arsch …

… Ich war zum ersten Mal mit einem Paternoster gefahren und hatte überlegt: was ist, wenn ich in dem eisernen Gestell gegen die vorbeijagende Wand falle… Ich hatte die alte Dame nicht gefragt, wer sie denn sei, aber wegen ihrer resoluten Art, ähnlich der von Hildegardis, bekam ich eine Ahnung… Sie führte mich tonlos durch einen hohes Zimmer auf den kleinen Balkon, und während ich dort wartete und manchmal zurück in den Raum blickte, dachte ich: das ist doch alles nicht mehr real; jetzt bist du gefangen im Loreroman…

erschreckte Schreckliche,
Beschuldigerin von Unterbodenmutterbringerei,
Reglementiererin von Sprossannonymizierung im Bahnhofgetümmmel,
tönernde Berufsberaterin für niedere Berufe,
bedüdelte Loretta der Hochweinlagen,
larvierte Gerngesehene der grauerrheinischen Stiftung für belängernde Belange,

vergessen wir die Stiftung  
am Richterturm angedockte Secondhändfragette,
Konspiratta-ta-diva,
aufgestiegen zur Governorlor ofSonta a a,
taffestronge LoreGoff

off off

Hildegardis, ZwangsanverWANDte,
Unausweichlichkeit, die sich auf meine junge Seele legte,
von Wüürmern Verspeiste und Recycelte,

nun Dünger. Looking forward.



© 2005 Runwalt